Carolin Höfler
"Der ultrahaptische Raum. Körperhafte Erfahrungen in Virtual-Reality-Szenarien"
Aktuelle medientechnische Bestrebungen sind vom Ziel geleitet, die visuelle Wahrnehmung digitaler 3D-Welten durch zueinander passende und einander ergänzende Tasteindrücke zu verstärken. Hierbei gewinnt die tatsächliche oder vermeintliche Berührung von materiellen Strukturen und Texturen zunehmend an Bedeutung, vor allem dann, wenn die unmittelbare Sicht auf die zu ertastenden Dinge genommen wird. Obgleich Virtual Reality-Hersteller den „totalen Angriff auf alle Sinne“ versprechen, bleibt die Konstruktion (ultra-)haptischer Schnittstellen weiterhin von einer tradierten Sinneshierarchie und Sinneszersplitterung geprägt: Der das Display tragende Rezipient ordnet das physisch Ertastete den virtuellen Sehformen unter. Mit Blick hierauf bieten die Tastexperimente aus dem Vorkurs von László Moholy-Nagy am Bauhaus ein geradezu subversives Programm an. Denn sie fokussieren nicht nur eine Mobilisierung aller Sinnesmodalitäten, sondern auch einen Wahrnehmungsakt, in dem die tradierte Sinneshierarchie ausgehoben wird. Mit einer solchen Abkehr von der Sinneshierarchie könnte eine produktive Umorientierung virtueller Gestaltung stattfinden: weg von dem Zwang, eine täuschend echte Darstellung von Wirklichkeit zu erzeugen, und hin zu dem Versuch, eine unmittelbare Kommunikation zwischen Körpern und Materialien zu ermöglichen, die zugleich ihre Vermitteltheit offenlegt.
Kurzbiografie
Carolin Höfler ist seit 2013 Professorin für Designtheorie und -forschung an der Köln International School of Design der TH Köln und leitet seit 2018 die Forschungsstelle „Echtzeitstadt“. Sie studierte Kunstgeschichte, Neuere Deutsche Literatur und Theaterwissenschaft (Magister) sowie Architektur (TU Diplom) an den Universitäten in Köln, Wien und Berlin. 2009 promovierte sie mit der Arbeit „Form und Zeit. Computerbasiertes Entwerfen in der Architektur“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. Bis 2013 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Mediales Entwerfen der TU Braunschweig. Seit 2014 ist sie Partnerin bei „oza _studio for architecture and scenography“ in Berlin.
Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Geschichte und Theorie des Entwerfens, Architektur und Bildwissenschaft, Räumlichkeit und Medialität sowie ephemerer Urbanismus.