Dr. Kathrin Friedrich
Adaptive Medien. Tracking-Technologien und interventionelle Lebenswissenschaften
Tracking-Technologien schaffen aktuell ein neues Verständnis von Lebendigkeit in Anwendungsbereichen wie radiochirurgischer Praxis und industrieller Viehzucht. Die Gestaltung und funktionale Logik dieserart Sensortechnologien, etwa zur Verfolgung von bewegten Strukturen, bedingen eine wechselseitige Codierung von Physis und Digitalität. Diese ist nicht mehr nur auf die Beobachtung lebendiger Körper ausgerichtet, sondern zielt primär auf die Ermöglichung interventioneller Handlungen, beispielsweise die Bestrahlung von Tumoren.
Als adaptive Medien ‚erspüren’ Tracking-Technologien Vitaldaten wie den Atemrhythmus, gleichen diese mit technologischen Parametern ab und stellen bildvermittelte Möglichkeiten der Entscheidung und des Eingriffs bereit. Lebendigkeit und Intervention werden so aneinander ausgerichtet, dass Änderungen des Einen responsive Justierungen des Anderen bedeuten und medial getroffene Entscheidungen in einer systemimmanenten sowie raum- und zeitkonsistenten Logik in Körper (rück)übersetzt werden können. In dieser Hinsicht bedürfen adaptive Medien eines besonderen Handlungswissens, welches die physischen Effekte und Umwelten virtueller Operationen mitbedenkt. Insbesondere die in Gesundheits- und Ernährungsdiskursen aufgerufenen Versprechen der ‚präzisen’ und ‚effizienten’ Kontrolle von Körpern verweisen auf die Notwendigkeit einer kritischen Reflexion der größeren sozio-politischen und ökologischen Zusammenhänge dieser Entwicklungen.
Das Forschungsprojekt untersucht die adaptive ‚Physiologik’ von Tracking-Technologien an den Beispielen medizinischer Radiochirurgie und industrieller Viehzucht (hier insbes. Virtual Fencing). Auf einer medientheoretischen Ebene werden die Bedingungen und Effekte der adaptiven Verschaltung von Lebendigkeit und Interventionsmöglichkeit durch Medien der Mitverfolgung kritisch-systematisch und medienhistorisch informiert analysiert, um eine Grundlage für die kritische Untersuchung von adaptiven Medien auch in anderen Anwendungskontexten zu bieten.