
02. Februar 17
Ort
Filmmuseum Potsdam
Breite Str. 1A
14467 Potsdam
Bitte beachten Sie auch die anschließende Filmdiskussion im ZeM!
HAVARIE
Die Koordinaten 37°28.6’N und 0°3.8’E markieren einen Punkt im Mittelmeer – 38 Seemeilen vor der Hafenstadt Cartagena in Spanien oder 100 Seemeilen von der algerischen Hafenstadt Oran entfernt – je nach Perspektive der Erzählung. Von diesem Punkt im Meer aus betrachtet, besteht die ganze Welt aus Wasser, Himmel und einem grenzenlosen Horizont. Ein „Meer der Möglichkeiten“, aufgeladen mit Hoffnungen, Ängsten und Träumen von Reisenden.
Am 14. September 2012 um 14.56 Uhr meldet das Kreuzfahrtschiff „Adventure of the Seas“ der spanischen Seenotrettung auf diesen Koordinaten die Sichtung eines manövrierunfähigen Schlauchbootes mit 13 Personen an Bord.
In Sichtweite.
90 Minuten.
Winken.
Warten.
Der Funkverkehr zwischen dem Kreuzfahrtschiff, der Zentrale im Hafen von Cartagena, dem Seenotrettungskreuzer „Salvamar Mimosa“ und dem Helikopter „Helimer 211“ strukturiert den akustischen Raum des Films. Auf der Bildebene zieht sich der filmische Raum zu einer einzigen, ungeschnittenen Sequenz zusammen, die sich über die gesamte Laufzeit des Films wölbt. Es ist ein kurzer Youtube-Clip, der uns heute wie die Essenz, die Verdichtung der Situation auf dem Mittelmeer erscheint. In Einzelbildern wird das Schlauchboot mit 13 Gestalten an Bord zur Ikone der täglichen Nachrichtenbilder, wir sind gezwungen hinzusehen.
Aus Aufnahmen mit Touristen und Offizieren auf dem Cruise Liner, mit der Besatzung eines Containerschiffes, mit Harraga, les bruleurs – „die ihre Pässe verbrennen“, und ihren Familien werden die biografischen Fluchtlinien des dokumentarischen Materials in eine filmische Imagination hinein verlängert.
Es entsteht eine Choreografie, in der sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Reisenden spiegeln: Wird ein anderer, ein neuer Möglichkeitsraum sichtbar, wenn sie sich erneut – im filmischen Raum – begegnen?
KOORDINATION
Prof. Dr. Marie-Luise Angerer, Universität Potsdam, EMW, Prof. Winfried Gerling, FH Potsdam, EMW
Personen
Merle Kröger, geb. 1967 in Plön, lebt als Drehbuch- und Romanautorin in Berlin. Mit dem Filmemacher Philip Scheffner leitet sie die Produktionsfirma pong, wo u.a. die Dokumentarfilme „The Halfmoon Files“ (2007) und „Der Tag des Spatzen“ (2010) entstanden. Außerdem ist sie Dozentin der Professional Media Master Class für Dokumentarfilm in Halle. Merle Kröger ist Autorin und Produzentin des international ausgezeichneten Kinofilms „Revision“ (2012). In ihren Romanen verbindet sie historische Recherche, persönliche Geschichte und politische Analyse mit Elementen des Krimigenres: „Cut!“ erschien 2003 bei Ariadne, wurde 2007 ins Englische übersetzt und in Indien verlegt. „Kyai!“ stand 2007 auf der KrimiWelt-Bestenliste. Aus der Recherche zum Film Revision entstand ihr dritter Roman „Grenzfall“, der 2012 die KrimiZEIT-Bestenliste anführte und den Deutschen Krimi Preis 2013, sowie den Stuttgarter Krimipreis gewann. „Havarie“ ist ihr vierter Roman.
Philip Scheffner, geb. 1966 in Homburg/Saar, lebt und arbeitet als Künstler und Filmemacher in Berlin. Zusammen mit Merle Kröger, Alex Gerbaulet und Caroline Kirberg betreibt er die Produktionsplattform pong. Für seine Kinodokumentarfilme, die ihre Weltpremieren im Forum der Berlinale feierten, erhielt er zahlreiche Preise im In- und Ausland, u.a. den Deutschen Dokumentarfilmpreis und den Fritz-Gerlich-Preis.
Filme (Auswahl)
2016: Havarie
2016: And-Ek Ghes…
2012: Revision
2010: Der Tag des Spatzen
2007: The Halfmoon Files
2003: A/C.
Zwischen 1990 – 2000 zahlreiche Kurz- und Langfilme mit der Berliner Autorengruppe dogfilm