
30. Juni 17
Ort
ZeM – Brandenburgisches Zentrum für Medienwissenschaften
Friedrich-Ebert-Straße 4
14467 Potsdam
Forschungs- und Doktorandenkolloquium
Das medienwissenschaftliche Forschungskolloquium bietet DoktorandInnen und Post-Docs die Möglichkeit, ihre aktuellen Promotions- und Forschungsprojekte zu präsentieren und im kollegialen Rahmen zu diskutieren.
LEITUNG
Direktorium des ZeM
KOORDINATION
Dr. Adelheid Heftberger, ZeM
Funken – eine Medienkulturgeschichte
Kai Knörr
Vorgestellt wird ein Dissertationsprojekt, in dem es um die Facetten der Erzeugung und Handhabung elektrischer Funken geht und um eine damit verbundene Medienkultur, aus der sich das Radio in Deutschland als „Rundfunk“ spezifisch entwickelt hat. Insofern soll das Projekt einen Beitrag zur Rundfunkgeschichte liefern, in dem es dessen Vor-Geschichte in Form von Fallgeschichten untersucht. Dabei ist die These, dass die Differenz Rundfunk und Radio keineswegs banal ist, sondern mehr beinhaltet als den bloßen Verweis auf die unterschiedlichen Erzeugungsarten elektromagnetischer Wellen in der Frühzeit der drahtlosen Technik. Indem die Bezüge von Technikgebrauch und Begriffsgebrauch offengelegt werden, sollten sich andere Sichtweisen auf die Spezifik des Mediums in seinen historischen und territorialen Kontexten gewinnen lassen. Die Untersuchung reicht von der semantischen und technischen Herausarbeitung des elektrischen Funkens im 18. Jahrhundert bis zur Setzung des Begriffs Rundfunk und der damit verbundenen Institutionalisierung des Radios in Deutschland durch Hans Bredow zwischen 1919 und 1923.
Aktuell ist zu beobachten, dass das Begriffsfeld rund um das Senden und Empfangen mit dem Wandel der technischen Konfigurationen massiv in Bewegung geraten ist. Für viele, sogar in den Rundfunkanstalten selbst, besteht kaum ein Zweifel, dass Rundfunk als medienpolitische Idee inzwischen etwas museal wirkt. Im gleichen Moment aber erfährt das Feld unerwartet Belebung, denn mit der Silbe „Funk-“ verleihen sich aktuell nicht nur Netzaktivisten ironisch gewendete Selbstlegitimierung („Sind wir schon Rundfunk?“). ARD und ZDF werben seit Kurzem ganz offiziell unter dem Namen FUNK (mit ‚u‘ gesprochen) als ihrer neuesten Online-Plattform um die jüngste Zielgruppe des Publikums.
Im Laufe von 120 Jahren haben die Veränderungen in der Sende- und Empfangspraxis den Begriff des Funkens längst technisch obsolet werden lassen, sein Potenzial als Metapher scheint hingegen ungebrochen zu sein. Im Konzept der Untersuchung sollen Rundfunk und Funken als historische Gegenstände bzw. Praktiken betrachtet werden, wobei im Fokus
Technik- und Sprachgebrauch korreliert werden.
German Ostalgie in the Context of Nostalgic Cinema
Tatjana Astafeva
The project aims to analyse the uses of ostalgie in German cinema of the 1990-2000s. Its particular focus is to expose specific cinematographic elements, which are used to represent ostalgie on the screen. Furthermore, it intends to justify a hypothesis that the German ostalgie cinema of the 1990-2000s reveals, from a more fundamental point of view, an important change in the framework of collective memory. The cultural potential of such films allows us to see ostalgie, and broader – nostalgia, as a multifaceted, versatile concept and to emphasise the ability of the German Post-Reunification cinema to produce the positive specificity of nostalgic experience, articulated by the Dutch historian Frank Ankersmit.
A remarkable flourishing of ostalgie cinema in Germany after the Fall of the Wall was to a great extent one of the ways to reflect on the past with the help of filmmaking, to expose a wide range of incipient problematic issues and reveal an important transformation within the German society. As a result, German ostalgie cinema of the 1990-2000s is almost exclusively analysed in the context of the problems of identity, memory and historical authenticity. At the colloquium, an approach to define ostalgie film and locate it in (or out?) the multifaceted landscape of nostalgic cinema will be presented for discussion.
Personen
Kai Knörr, geboren 1978, studierte Geschichte, Politik- und Medienwissenschaft an der Universität Potsdam und FU Berlin.
Magisterarbeit über die Spielfilme des Schriftsteller Wolf Schmidt (1913-1977), der als Autorenfilmer Mitte der 1950er Jahre ein frühes Beispiel für crossmediale Produktion im Übergang von Radio, Film und Fernsehen lieferte. 2010-2014 Forschung zur Geschichte der seriellen Unterhaltung in der ARD, seit WS 2009/10 Lehrveranstaltungen im Studiengang Europäische Medienwissenschaft mit Schwerpunkt Rundfunkgeschichte, Sound und Neuer deutscher Film. Seit 2014 Forschung am Dissertationsprojekt im Arbeitsbereich Medienkulturgeschichte der Universität Potsdam.
Tatiana Astafeva ist Stipendiatin des Brandenburgischen Zentrums für Medienwissenschaften (ZeM) und Doktorandin an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Sie studierte praktische Philosophie und Wissenschaftsgeschichte an der Nationalen Forschungsuniversität “Higher School of Economics“ in Moskau, Russland. Zudem hat sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie Übersetzerin von wissenschaftlichen Texten gearbeitet. Zurzeit forscht sie an ihrer Doktorarbeit über die Verwendungen von Ostalgie im deutschen Kino der 1990-2000er Jahre auf der narrativen sowie ästhetischen Ebene im Kontext der Erinnerungskultur.