
17. November 17
Ort
ZeM – Brandenburgisches Zentrum für Medienwissenschaften
Hermann-Elflein-Straße 18
14467 Potsdam
Forschungs- und Doktorandenkolloqium
Das medienwissenschaftliche Forschungskolloquium bietet DoktorandInnen und Post-Docs die Möglichkeit, ihre aktuellen Promotions- und Forschungsprojekte zu präsentieren und im kollegialen Rahmen zu diskutieren.
LEITUNG
Direktorium des ZeM
KOORDINATION
Dr. Adelheid Heftberger, ZeM
Körperinszenierungen von Soldatinnen und Partisaninnen im sowjetischen Kriegsfilm
Annegret Zettl
Während der männliche soldatische Körper in der Körpertheorie ausgiebig erforscht wurde, wurden bisher kaum Untersuchungen zur Darstellung des weiblichen soldatischen Körpers vorgenommen. Dabei spielt die Inszenierung weiblicher Kriegsteilnehmerinnen im frühen russischen bzw. im nachfolgenden sowjetischen Kriegsfilm eine zentrale Rolle, um ein – sich von anderen europäischen Armeen abhebendes – positives Image der Armee zu konstruieren. Dafür nehmen die im Film dargestellten Soldatinnen häufig eine symbolische Funktion ein. Als Symbolfiguren vereinen sie Pazifismus und Wehrhaftigkeit – unabhängig davon, ob sie in einer kombattanten oder nicht-kombattanten Mission dargestellt werden. Während des Zweiten Weltkrieges wurde eine weitere weibliche Mittelpunktfigur etabliert, die als Partisanen-Märtyrerin eine Allegorie auf die „Mutter Heimat“ bildete, die den männlichen Aggressoren aus dem Westen entgegengesetzt wurde.
Abhängig von ihrer Propagandafunktion wurden die dargestellten Frauen mit unterschiedlichen Graden von „Verletzungsmacht“ und „Verletzungsoffenheit“ ausgestattet. Um diese filmisch abzubilden und die Frauenfiguren sichtbar von ihren im Film dargestellten männlichen Kameraden abzugrenzen, wurden unterschiedliche Techniken zur Inszenierung des weiblichen Körpers angewandt. Das reicht von der Wahl des Kostüms und Maske, der Cadrage, der Lichtsetzung, dem Schnitt bis zur Schauspielführung und Rollenbesetzung. In dem Vortrag werden diese Techniken und ihre jeweilige Erzählfunktion vorgestellt, außerdem wird thematisiert, welchen Veränderungen die Darstellung des weiblichen soldatischen Körpers bei politischen Richtungswechseln unterlag und wie die Filmzensur auf Versuche, etablierte Darstellungstechniken zu unterlaufen, reagierte.
„Realitätseffekte“ – Gesten der Authentifizierung (digitaler) fotografischer Bildproduktion
Lisa Andergassen
Das Aufkommen digitaler Technologien hat das Verhältnis zwischen Medien und Realität verändert. Die Fotografie, deren Wirklichkeitsversprechen an ihre Materialität geknüpft war, schien neu definiert werden zu müssen. Die daraus resultierende Ausrufung der Postfotografischen Ära, war dabei nicht nur eine Abgrenzungsgeste, sondern zeugte von Versprechen und Ängsten, die allgemein mit den sogenannten „Neuen Medien“ verknüpft waren und nicht weniger als eine historische Zäsur einzuläuten schienen. Die Scheidung von Fotografie und „Post-Fotografie“ wird hier als Marker dieser Zäsur verstanden und exemplarisch verhandelt. Satt Setzungen wie digital/analog als absolut anzunehmen, wird der fotografische Wirklichkeitsbezug als etwas definiert, das nie stabil war, sondern vielmehr aus spezifischen Gesten der Authentifizierung resultiert, die bestimmte Realitätseffekte generieren. Die Effekte sagen so weniger über eine wie auch immer geartete Realität aus, als etwas über die jeweiligen medialen Bedingtheitsgefüge, wie anhand konkreter (historischer) Beispiele dargelegt wird. Dabei wird nicht über einen medienontologischen Vergleich argumentiert, sondern eine epistemologische Definition des fotografischen Wirklichkeitsbezugs versucht.
Das Kapitel, dass ich während des Kolloquiums vorstellen möchte, zeichnet den Diskurs nach, der mit dem Aufkommen der digitalen Techniken begann und zu einem Zerfallen der Welt in analog und digital führte, die mit Charakteristika besetzt wurden, welche zu binären Begriffspaaren führten wie Neu/Alt, Materiell/Immateriell oder eben analog/digital. Da die Begriffe jeweils nur vor der Folie des Anderen funktionieren, werden die komplementären Paare hier in ihrer (diskursiven) Relationalität beschrieben.
Personen
Annegret Zettl (M. A.) hat Sinologie, Kunstgeschichte und DaF an der Universität Leipzig und der Pädagogischen Universität Nanjing (VR China) studiert und lehrte an der Universität Xiangtan (VR China). Zwischen 2007 und 2012 folgte ein Diplomstudium an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf im Fachbereich Drehbuch/Dramaturgie.
Seit 2012 ist sie Doktorandin an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf im Fachbereich Medienwissenschaft und forscht zum Kulturellen Gedächtnis und der Konstruktion weiblicher Stereotype im sowjetischen und russischen Kriegsfilm. Die Arbeit wird von Prof. Kerstin Stutterheim betreut. Die Recherche für das Promotionsvorhaben wurde 2012 mit einem DEFA-Stipendium unterstützt. Seit 2014 ist Frau Zettl an der Universität Leipzig in der Studienbegleitung tätig.
Lisa Andergassen studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften und Fotografie in Wien, sowie Europäische Medienwissenschaft in Potsdam. Sie war assoziiertes Mitglied des DFG-Graduiertenkollegs “Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens” und bis November 2017 Promotionsstipendiatin des Fachbereichs Design an der Fachhochschule Potsdam. Derzeit arbeitet sie als freie Journalistin (u.A. für Zeit.de und Aperture Online) und Texterin und leitet studentische Lehrveranstaltungen zu Fototheorie und Porn Studies an der Fachhochschule und Universität Potsdam. Zuletzt hat sie den Sammelband “Explizit! Neue Perspektiven zu Pornografie und Gesellschaft” (Bertz+Fischer Verlag, 2013) mitherausgegeben und das internationale Symposium “Pointed or Pointless? Recalibrating the Index” (London/Potsdam, 2017) organisiert.