13. Mai 22 -
Sa.
14. Mai 22
Ort
ZeM – Brandenburgisches Zentrum für Medienwissenschaften
Hermann-Elflein-Str. 18
14467 Potsdam
Eine Geschichte der Gewalt. Photographieren und Schreiben als Erfahrung, Experiment und Erkenntnis
Kai Ziegner, PhD, untersucht in seinem künstlerischen Forschungsprojekt 21 Gewaltakte, die zwischen 1986 und 2016 im privaten und öffentlichen Raum stattgefunden haben. Der Autor, der selbst Teil dieser gewalttätigen Situationen war und Gewalt sowohl erlebt als auch ausgeübt hat, ist dabei Untersuchender und zugleich auch Untersuchungsgegenstand. Im Zentrum der Arbeit steht die künstlerische Umformung persönlicher Erinnerungen sowie die Darstellbarkeit von vergangenen Ereignissen. Ziegner sucht dafür die Orte des Geschehens wiederholt auf, um sich den Erinnerungen wie in einem Experiment kontrolliert auszusetzen. Er rekonstruiert für seine Geschichtserzählung signifikante Orte und Gegenstände, die er mit analoger Mittelformatphotographie festhält und mittels experimentellem Schreiben künstlerisch be- und verarbeitet.
Diese Annäherung an Vergangenes im Medium der konzeptuellen Photographie ergänzt der Künstler mit verschiedenen experimentellen Textformaten, die alle auf einer stark reduzierten Auflistung der gewaltvollen Erlebnisse beruhen, die den Ausgangspunkt seiner Forschung bilden. Diese Texte lassen Aspekte sichtbar werden, die über die eigene Person des Autors hinausweisen und das Erlebte objektivieren, etwa Phänomene des sozialen Wandels nach der Auflösung der DDR, die Vermittlung problematischer Männlichkeitskonzepte oder ambivalente Rollenverteilungen zwischen Gewalttätern und Opfern.
Kai Ziegner erforscht in seiner künstlerisch-forschenden Dissertation, wie Erlebnisse erinnert und vermittelt werden können. Es geht dem Autor dabei im Kern um die Entwicklung einer hybriden Erzählform, deren Ziel nicht darin besteht, zu behaupten, daß etwas genauso gewesen ist, sondern vielmehr vom Bemühen zeugt, sich mit dem was war, im Hier und Jetzt aufrichtig auseinanderzusetzen.
Der Workshop ist in zwei Teile gegliedert. In Teil I am 13.05. von 11-17 Uhr wird das Buch des Autors im Detail vorgestellt, seine Struktur und Gestaltung erläutert und mit den Teilnehmer*innen des Workshops diskutiert. Teil II am 14.05. von 11-17 Uhr soll der gemeinsamen Erprobung experimenteller Schreib- und künstlerischer Forschungsstrategien dienen, die autoethnographisches Forschen zum Gegenstand haben. Die Teilnehmer*innen sind eingeladen, ihr eigenes Forschungsmaterial vorzustellen, zusammen zu bearbeiten und gemeinsam zu diskutieren.
Bitte beachten Sie für Maßnahmen und Hinweise in Zusammenhang mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) die aktuellen Informationen der Universität Potsdam.
Da es sich um einen Workshop mit Praxiseinheiten handelt, ist die Teilnehmerzahl begrenzt. Wir bitten Sie um verbindliche Anmeldung unter .
Kai Ziegner
geboren 1975 in Plauen im Vogtland, erlebte 1989 mit 14 Jahren die Wende in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Er beteiligte sich in seiner Heimatstadt aktiv an der ersten und folgenden Demonstrationen gegen die Regierung der DDR. Nach Studien der Germanistik, Politikwissenschaft, Journalistik, Photographie und Bildenden Kunst in Leipzig, Berlin und Zürich und einem mit Auszeichnung absolvierten Forschungsdoktorat im gemeinsamen PhD Programm der UfG Linz und ZHdK Zürich, arbeitet Kai Ziegner heute als Künstler und Dozent für künstlerische Forschungsstrategien und lebt mit seiner Frau und Zwillingssöhnen in Berlin. Sein künstlerisches Interesse gilt der Beforschung von Prozessen der Zeitgeschichte und den individuellen Erfahrungen verschiedener gesellschaftlicher Akteur*innen. Ziegner erprobt in seinen Arbeiten, wie Erlebnisse erinnert und künstlerisch vermittelt werden können, wie Unzeigbares sichtbar und Unsagbares und Mehrdeutiges erzählbar wird.