Die Arbeit untersucht filmische Darstellungen von Imaginationen aus systematischer und historischer Perspektive. Sie konzentriert sich dabei insbesondere auf Erinnerungsflashbacks, die filmästhetisch und -historisch von besonderer Relevanz sind, bezieht aber auch verwandte imaginative Phänomene des Mentalen – wie das Träumen oder Halluzinieren – mit ein. Dabei werden die Darstellungen nicht nur hinsichtlich ihrer audiovisuellen Ästhetik betrachtet, sondern auch mit – teils langfristig konstanten, teils historisch spezifischen und kurzfristig wandelbaren – Vorstellungen über Erinnerung und Imagination zusammengebracht. Diese Vorstellungen – so eine zentrale These – sind grundlegend für die nonverbale Kommunikation über Prozesse des Imaginierens, die ansonsten nur entweder individuell-subjektiv erlebt oder sprachlich-abstrakt beschrieben werden können, weil als intersubjektiv vorliegendes, oft implizites ‚Wissens‘ die stets konkrete und intersubjektiv verständliche filmische Veranschaulichung äußerlich unsichtbarer Bewusstseinsprozesse erst möglich machen.
Meine Arbeit zeigt damit auf, wie wissenschaftliche Spezialdiskurse, alltagstheoretische Annahmen und intersubjektive Aspekte der (Welt- und Selbst-)Erfahrung, ebenso wie z.T. auf biologischen Dispositionen beruhende kognitive Konstanten bei der Produktion, Ästhetik und Rezeption speziell von Imaginationsdarstellungen – aber auch von Filmen im Allgemeinen –zusammenwirken. Anstelle des „Entweder-oders“ rein kulturalistisch oder rein biologistisch argumentierender Ansätze der Film- und Medienwissenschaft demonstriert sie, dass sich zentrale Fragen nach der Ästhetik, nach Produktions- und Verstehensprozessen nur durch ein „Sowohl-als-auch“ hinreichend beantworten lassen. Zudem betrachte ich auch die spezifischen medialen Bedingungen unter denen diese Darstellungen produziert und rezipiert werden. Denn Annahmen und Wissen über imaginative Bewusstseinsprozesse werden durch die medialen Gegeben- und Gepflogenheiten ihrer historisch spezifischen Produktions- und Rezeptionskontexte medial überformt und in konkrete Formen gegossen. Dabei eröffnen technische und mediengeschichtliche Entwicklungen zum Teil überhaupt erst neue Darstellungsweisen, die auch auf außerfilmische Diskurse zurückwirken können, weil sie besonders sinnfällige und publikumswirksame Ausdrucksformen ermöglichen oder dem Nachdenken über Imaginationen innovative Impulse verleihen. Damit ist die Arbeit auch als Geschichte des Erinnerungsflashbacks zu lesen, die ihren Gegenstand jedoch nicht als analytisch isolierbares, rein ästhetisches Stilmittel betrachtet, sondern die Abhängigkeiten seiner ästhetischen Gemachtheit in die medien- und mentalitätsgeschichtliche Untersuchung einbezieht.
Der integrative Ansatz möchte nicht nur zwischen verschiedenen Positionen der Film- und Medienwissenschaft vermitteln und das Potenzial einer komplementären Sichtweise aufzeigen, sondern mit der nur multiperspektivisch zu bewältigenden umfassenden Untersuchung filmischer Imaginationssequenzen auch ein Desiderat der Forschung beseitigen.